Psychische Erkrankungen – Bewältigungsstrategien oder der Weg zu Veränderung?
Oftmals sind psychische Erkrankungen nichts anderes als Bewältigungsstrategien, die wir entwickeln, um mit wiederkehrenden, belastenden Erlebnissen und Gefühlen umgehen zu können. Diese Strategien mögen in dem einen Moment Erleichterung bringen, wiederholen sich jedoch in Intervallen immer wieder. Langfristig verursachen sie jedoch Leid, Folgeerkrankungen und führen zu sozialen sowie finanziellen Einschränkungen und Problemen.
Um dies zu verdeutlichen, möchte ich zwei Beispiele näher beleuchten:
Zum einen der Griff zum Alkohol, um Spannung und Unsicherheit zu vermeiden und unangenehme Gefühle nicht aushalten zu müssen. Der kurzfristige Effekt ist eine Art Entspannung, aber die Folgen sind gravierend: Es entstehen körperliche Erkrankungen wie Leberprobleme oder Veränderungen im Gehirn, der soziale Kontakt und die tragfähigen Beziehungen gehen verloren und es entstehen hohe finanzielle Kosten durch den exzessiven Konsum. Obwohl der an sich wertzuschätzende Weg, Gefühle und Situationen auszuhalten, zunächst Anerkennung verdient, bringt er doch starke Einschränkungen mit sich.
Ein anderes Beispiel ist die depressive Episode, bei der Gefühle, Unsicherheiten und ein Mangel an Selbstwert dadurch bewältigt werden, dass man jegliche Gefühle kontrolliert und unterdrückt. Die Folgen sind sozialer Rückzug, schnelle Überforderung und Überlastung im Beruf, da die Energie auf die Gefühlskontrolle ausgerichtet ist. Um diesen Druck wiederum aushalten zu können, greifen viele zu weiteren Bewältigungsstrategien wie Alkohol, Medikamenten oder exzessivem Sport.
Beiden Beispielen ist gemein, dass der Fokus auf das „Monster der Gefühle“ gerichtet ist. Therapeuten und Ärzte werden aufgesucht, um das Symptom loszuwerden, als wäre es etwas wie Kopfschmerzen. Die Hilfen der Profis und die Selbsthilfe konzentrieren sich dann auch auf das Problem, ernähren es quasi und verstärken es. Stattdessen wäre ein vielversprechender Weg, den Fokus zu verändern und Voraussetzungen für Veränderungen zu schaffen – durch Sicherheit und Stabilität in einer therapeutischen Beziehung.
Anstatt weiterhin in die Aufrechterhaltung der Bewältigungsstrategien zu investieren, wäre es sinnvoller, finanziell in eine Selbstzahlerpraxis zu investieren. Dort kann der Fokus darauf gelegt werden, Veränderung zu ermöglichen, anstatt sich auf das Problem zu konzentrieren. Die Verfahrensrichtlinien der von Krankenkassen bezahlten Therapien haben die Symptombekämpfung wie in der Medizin zum Ziel. Dies mutet oft an, als ob die Strategie der Bewältigung und Vermeidung weiterhin fokussiert wird und die Ursache der Bewältigungsstrategie mit der Stärkung der Gegenwart nicht im Fokus steht.
In der Abwägung, ob man ein paar Euro in eine ganzheitliche Therapie investiert oder viele Euros in die Bewältigungsstrategien, sollte man ehrlich zu sich sein und sich fragen, ob man mit den Folgen der Bewältigungsstrategien nicht nur sein eigenes Leiden verstärkt und das „Monster“ weiter füttert.
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